Die Ausgangslage

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) steht gegenwärtig genau wie andere gemeinnützige Organisationen vor großen Herausforderungen und Chancen. Stichworte sind hier etwa der demographische Wandel, eine Individualisierung bzw. Pluralisierung, ein verändertes Partizipationsverhalten oder neue Formen von Ehrenamt und Gemeinde. Aus Sicht der Mitarbeitenden ergibt sich aus diesen Herausforderungen die Notwendigkeit, ihr Handeln immer wieder neu zu reflektieren und neue innovative Praktiken zu erlernen.

Der Ansatz

Das Forschungsprojekt PATONGO (Patterns and Tools for NGOs) untersucht, wie Technologien und Partizipationsprozesse des Web 2.0 den Austausch über gute Praktiken fördern können und so zu einer Weiterentwicklung der gesamten vernetzen Organisation beitragen können. Partner im Projekt sind die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die FernUniversität in Hagen und das Institut für Wissensmedien in Tübingen.

Die Hypothese des Forschungsvorhabens ist, dass ein Austausch von erfolgreichen Praktiken in der EKD helfen kann, die Qualität des Handelns in den Gemeinden und Gliedkirchen zu verbessern. Aus der Sicht der Forschung erwarten wir, dass diese Form des Austauschs für die meisten NGOs interessant sein wird. Durch Vernetzung und gemeinsame Reflexion über erfolgreiche Praktiken soll eine lokale Praktik auch über Grenzen der einzelnen Gruppen, Gemeinden oder Einrichtungen hinweg zu einer gemeinsamen Praktik weiterentwickelt werden. Die bisher weitgehend unabhängig agierenden Organisationseinheiten könnten sich dadurch zu einem Praxisnetzwerk entwickeln.

Die offenen Forschungsfragen

Vor dieser Grundannahme stellen sich im PATONGO-Projekt die folgenden Forschungsfragen, die nicht nur für Kirchen sondern allgemein für verteilte NGOs von Relevanz sind:

- Welche Prozesse können eine effektive und qualitativ hochwertige Wissenskommunikation zum Zwecke der Weiterentwicklung beruflicher Praktiken unterstützen?

- Wie kann die Nutzung und die Evolution solcher Prozesse mit Web 2.0-basierten Werkzeugen unterstützt werden?

- Wie können die Prozesse und Werkzeuge in großen verteilten NGOs eingeführt werden?

Der Wissensprozess

Kern des Prozesses ist die effektive und qualitativ hochwertige Diskussion über gute Praktiken. Dabei kann sich die Diskussion auf drei Ebenen bewegen:

1. Mitarbeitende kommunizieren miteinander über Wünsche und Ideen, die sich aus den lokal anzutreffenden Herausforderungen ergeben.

2. Mitarbeitende reflektieren über gute Praktiken und tauschen diese aus (Storytelling, Good Practice).

3. Mitarbeitende abstrahieren die Beschreibung der guten Praktik zu einem sogenannten Pattern, das dann in einem kirchlichen Erfahrungswissens auftaucht. Ein Pattern ist eine Lösung zu einem wiederkehrenden Problem in einem klar umrissenen Kontext. Es hilft Praktikern, neue Möglichkeiten für ihr Handeln zu erkennen.

Auf allen Ebenen der Diskussion, vor allem jedoch bei der Erstellung von Patterns für das kirchlichen > Erfahrungswissens, können Praktiker durch Mentoren, die ebenfalls Mitglied der Community sind, unterstützt werden. Mentoren helfen den Praktikern dabei, die zentralen Aussagen ihrer Praktik herauszuarbeiten. So können Praktiker sicherstellen, dass ihre Handlungsanregungen in den Patterns auch im intendierten Sinne verstanden werden.

Die Technik

Web 2.0-Technologien können auf allen drei Ebenen den Prozess unterstützen. Dazu soll ein Online-Community-System entstehen, das Kommunikation, Koordination und Kooperation in der Community unterstützt und an die Bedürfnisse der Beteiligten angepasst wird. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Nutzung so intuitiv wie möglich gestaltet wird.

Auf der Ebene der Kommunikation stellt das Community-System kommunikative Räume zur Verfügung. Hier können Wünsche geäußert, Ideen diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht werden.

Betrachtet man die Größe der Zielgruppe von über 1 Mio. haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende in der EKD, so ist es offensichtlich, dass Fragen der Koordination eine wichtige Rolle einnehmen. Tausende Praktiker müssen vom System darin unterstützt werden, für sie interessante Kollegen zu finden und relevante Beiträge wahrzunehmen. Das Community-System muss Praktiker aus ganz Deutschland zusammenbringen, die vor ähnlichen Herausforderungen in ihrer alltäglichen Praxis stehen. So wird ein Austausch über Praktiken auch über Gemeindegrenzen hinaus möglich.

Für eine effiziente Kooperation sind für das Community-System gemeinsame Arbeitsbereiche geplant, die zum Einen einen gemeinsamen Informationsraum im Sinne eines Wikis zum Austausch von Patterns bereitstellen und zum Anderen enge Kooperation in einer kleinen Gruppe von Praktikern ermöglichen. Insbesondere soll das Community-System die Entwicklung neuer Ideen in einer Ideenwerkstatt und die Zusammenarbeit zwischen einem Autor und einem Mentor bei der Verbesserung von Patterns unterstützen.

In Bezug auf die Motivation zur Teilnahme sollen im PATONGO-Projekt verschiedene Merkmale des Community-Systems erforscht werden, von denen an dieser Stelle nur zwei Beispiele genannt werden sollen: 1. Inwieweit fördert die Vorstrukturierung des Patterns die aktive und passive Beteiligung in der Community? 2. Welche Rolle spielen Anreizstrukturen, die Identifizierbarkeit der Autorenschaft und ein gemeinsames "Wir-Gefühl" für die aktive Teilnahme an der Community?

> Die Lösung <